Rettungsdienst: Ohne gravierende Veränderungen droht lokale Unterversorgung

Der losbrausende Rettungswagen als immer die gleiche Antwort auf einen eingehenden Anruf unter der 112 ist eine teure und oft falsche Antwort, so die Malteser. Foto: Malteser
Der losbrausende Rettungswagen als immer die gleiche Antwort auf einen eingehenden Anruf unter der 112 ist eine teure und oft falsche Antwort, so die Malteser. Foto: Malteser

Mit einem eindringlich Appell an Kommunen und Bundesländer warnen die Malteser vor einer zunehmend schlechteren Notfall-Versorgung der Bevölkerung. „Das bisherige System der Notfall-Versorgung ist in weiten Teilen überholt. Die Menschen, die zwar schnell, aber einfache medizinische oder pflegerische Hilfe benötigen, müssen andere Angebote bekommen. Der losbrausende Rettungswagen als immer die gleiche Antwort auf einen eingehenden Anruf unter der 112 ist eine teure und oft falsche Antwort“, beklagt der nationale Leiter Rettungsdienst des Malteser Hilfsdienstes, Michael Schäfers. „Ohne gravierende Veränderungen im Rettungsdienst droht eine lokale Unterversorgung“, sagt er. Viel zu langsam werde neuen Lösungsansätzen Raum gegeben oder behinderten einzelne Akteure eine Fortentwicklung. Auf einem Symposium zum Rettungsdienst in Bad Lauterberg erörterten Experten und Leiter von Rettungswachen der Malteser aus allen Bundesländern notwendige Veränderungen.

Die eine Million Einsätze der Malteser im Krankentransport und Rettungsdienst im Jahr 2021 sprechen eine deutliche Sprache und bekräftigen die schwierige Situation in der präklinischen Versorgung in Deutschland. „Wir müssen die Bedürfnisse der Menschen zur Grundlage nehmen, welche Art der Hilfe wir ihnen anbieten“, fordert Schäfers.  Zwei Beispiele aus der Praxis: Zum einen sollten Notärzte, an denen es im deutschen Rettungsdienst insgesamt mangelt, nur dort eingesetzt werden, wo schwerwiegende Schäden für Leib und Leben drohen. Zum anderen ist die passendere Reaktion auf den Hilferuf einer pflegebedürftigen Person oftmals der Rat eines medizinisch oder pflegerisch versierten Gesprächspartners. Eine Notfall-Pflege – die sich um eine Person in deren vier Wände kümmert – würde mehr helfen als ein Aufenthalt „auf Station“ im Krankenhaus.

Neue Wege durch Modellversuche
Es gibt vereinzelt Modellversuche: Zum Beispiel mit einem einzeln fahrenden „Gemeinde-Notfallsanitäter“, der ohne Blaulicht vor der Türe steht und durch Gespräch und eine Erstuntersuchung erkennt, ob ein kleineres oder größeres Problem vorliegt. Ist das Problem kleiner Natur, kann der Gemeinde-Notfallsanitäter selbst helfen, organisiert Hilfe und hat mehr Zeit als eine Rettungswagen-Besatzung, die unter dem Zeitdruck steht, in Kürze bei einem schweren Notfall nicht oder nicht rechtzeitig vor Ort zu sein. „Die Kleinstaaterei im deutschen Rettungswesen muss aufhören. Es muss flächendeckende Angebote geben, die die Bevölkerung einfach aktivieren kann und die auch 20 Kilometer weiter genauso funktionieren“, sagt der Malteser Rettungsdienst-Experte.

Auch für Menschen mit Problemen, die psychosozialer Hilfe bedürfen, erwarten die Malteser mehr Kreativität in der Hilfestellung. Andere Berufsgruppen könnten hier helfen, die Versorgung zu verbessern und medizinisches Fachpersonal nicht zu blockieren.  
Praktische Vorschläge zur besseren präklinischen Gesundheitsversorgung will die Hilfsorganisation jetzt mit einem Expertenrat ausarbeiten. „Wir möchten in einem halben Jahr praktikable Lösungen auf den Tisch legen, um unseren Beitrag zur Rettung des Rettungswesens zu leisten“, formuliert Schäfers die eigenen Ziele.